Rentenverfahren mit Auslandsbezug und FRG-Zeiten

 

KŸrzung der deutschen Rente (§ 31 FRG) durch AufschuberklŠrung oder Verzicht vermeidbar.

Rentenzeiten im Herkunftsgebiet werden bei jedem Rentenfall erneut geprüft. Bestandsschutz auf bereits anerkannte Zeiten.

 

 Nach EU-Recht gilt bei Anwartschaften in mehreren EU-Ländern eine Antragsgleichstellung im Rentenrecht mit weitreichenden Folgen. Eine Antragstellung in Deutschland lšst automatisch eine Rentenfeststellung in allen anderen EU-LŠndern aus, in welchen Arbeitszeiten zurŸckgelegt wurden. Um negative Folgen fŸr die Rentenzahlung im Heimatland zu vermeiden, hat der EU-Gesetzgeber die Mšglichkeit geschaffen, den Leistungsbeginn in anderen Vertragsstaaten (etwa in RumŠnien, Ungarn etc.) im Falle der Altersrentner aufzuschieben (Art. 50 VO (EG) 883/2004). Bei anderen Rentenarten bleibt (nur) der Verzicht (jederzeit wieder beendbar) als Gestaltungsmšglichkeit Ÿbrig. Der Verzicht auf Leistungen aus dem Ausland ist nach Entscheidung des Bundessozialgerichtes zulässig, ohne dass eine fiktive Leistungsanrechnung in Deutschland erfolgt.

 

Die Nutzung dieser gesetzlich vorgesehenen Gestaltungsmšglichkeit wurde von den Rentenbehšrden in der Vergangenheit durch einen Fiktivabzug sanktioniert, der zu vielen Rechtsstreitigkeiten gefŸhrt hatte. Nach Zusicherung der Rentenbehšrden, lediglich zugehende BetrŠge auch gem. ¤ 31 FRG anzurechnen und das Zahlungsrisiko zu Ÿbernehmen, wurden diese Streitigkeiten vergleichsweise beendet. Die Rentenbehšrde hat dabei stets betont, Betroffene hŠtten keine wesentlichen Nachteile zu tragen, es handele sich um ein ãNullsummenspielÒ. Diese Behauptung der RententrŠger hat sich als falsch dargestellt. Der Fiktivabzug wurde zwischenzeitlich durch eine Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 11. Mai 2011 allgemein fŸr unzulŠssig erklŠrt (siehe SiebenbŸrgische Zeitung, Folge 9 vom 10. Juni 2011, Seite 1).

 

RechtsŠnderungen in RumŠnien und in Deutschland fŸhren seit 2011 dazu, dass ein Leistungsbezug aus RumŠnien meist nachteilig ist. Zum 1. Juli 2011 ist eine Rechtsvorschrift in Kraft getreten, nach der auch Rentenleistungen aus dem Herkunftsgebiet der Beitragspflicht in der Krankenversicherung in Deutschland unterliegen. Damit wurde eine einschlŠgige Vorschrift der EU-Verordnung 883/2004 in Deutschland umgesetzt. Gleichzeitig dŸrfen zwar nach Art. 30 der gleichen Verordnung im Gegenzug im Herkunftsgebiet keine BeitrŠge zur Krankenversicherung mehr abgezogen werden. Dies wird aber seit dem 1. Januar 2011 in RumŠnien unter Berufung auf eine €nderung des Cod fiscal (Art. 296 CF) so praktiziert. Durch einen Dringlichkeitserlass der Regierung zur BewŠltigung der Haushaltskrise wurde fŸr alle RentenbetrŠge, die den Betrag von 740 RON (Lei) Ÿberschreiten, eine Beitragspflicht in Hšhe von 5,5 % festgesetzt. Betroffene unterliegen damit einer doppelten KŸrzung. Zudem hat RumŠnien im gleichen Gesetz eine Steuerpflicht der Renten in Hšhe von weiteren 16 % ab einer Rentenhšhe von 1000 RON (nach Abzug der KrankenkassenbeitrŠge) vorgesehen (Art. 70 CF). Die deutsche Rentenbehšrde zieht jedoch unter Berufung auf europŠische und nationale Normen trotz dieser KŸrzungen in RumŠnien den Bruttobetrag der rumŠnischen Leistung gem. ¤31 FRG von der deutschen Rente ab. Damit werden im Ergebnis Betroffene grob benachteiligt.

Besonders durch die andere Steuerlast in RumŠnien werden Betroffene, die in Deutschland Lebenshaltungskosten aufbringen mŸssen, im Ergebnis auf die viel geringeren SteuerfreibetrŠge aus RumŠnien (Vollbesteuerung ab ca. 230,00 Euro Rentenhšhe) verwiesen.

Fallbeispiel: Bei einer Rentenhšhe in RumŠnien von brutto 1500 RON werden dort 83 RON Krankenversicherung und 67 RON Steuer abgezogen. Ausgezahlt werden lediglich 1350 RON. Die Rentenbehšrde rechnet aber den Gegenwert von 1500 RON an.

 

Es handelt sich um eine deutliche Benachteiligung, der durch Abgabe einer AufschuberklŠrung gem. Art. 50 VO (EG) 883/2004 entgegengewirkt werden kann. Eine solche ErklŠrung ist zur Wirksamkeit schriftlich schon im Antragsverfahren in Deutschland an die Rentenbehšrde zu senden. Sie kann abgegeben werden, so lange in RumŠnien noch kein Rentenbescheid erlassen wurde. Danach kann der Leistungsbezug durch einen Verzicht beendet werden. Wenn Rentenbehšrden darauf mit unzulŠssigen FiktivabzŸgen reagieren, so ist dagegen Widerspruch und Klage einzulegen.

 

WICHTIG: Bei jedem Leistungsfall in der Rentenversicherung (auch bei Wechsel der Rentenart) muss die Rentenbehörde die anerkannten Zeiten nach der aktuellen Rechtlage unter Beachtung von Rechtsänderungen überprüfen. Das dient dem Umstand, dass positive Rechtsänderungen bei der neuen Rentenzahlung angewendet werden. Eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung bleibt außer betracht, weil anerkannte Entgeltpunkte geschützt sind. Dieses hat aber auch zur Folge, dass weitere Unterlagen angefordert und ergänzende Auskünfte erbeten werden. Betroffenen wird empfohlen, Anfragen der Behörde kurzfristig zu beantworten, wobei schon einmal vorgelegte Unterlagen NICHT ERNEUT vorgelegt werden müssen. Wenn eine Behörde Änderungen vornimmt, wird dringend geraten, diese prüfen zu lassen.

 

PlŠne, nach welchen ein bestimmter Anteil der Auslandsrente pauschal anrechnungsfrei zu belassen ist, um Leistungsnachteile auszugleichen (Änderung des § 31 FRG), wurden von unserem Verband zwar dringend als Nachteilsausgleich befŸrwortet, jedoch vom Gesetzgeber nicht umgesetzt. †ber die weitere Entwicklung werden wir informieren. Rat und Hilfe erteilen RechtsanwŠlte mit besonderer Erfahrung auf dem Gebiet des Fremdrentenrechts und des europŠischen Sozialrechtes.

 


Hinweise: Verzicht auf eine Leistung von einem Leistungsträger im Inland zu Lasten eines anderen Leistungsträgers kann nach geltendem Verfahrensrecht schŠdlich sein. Ob auf eine Leistung im Ausland im Rahmen geltenden Rechtes verzichtet werden sollte und welche Auswirkungen das auf eine Gesamtversorgung hat, sollte im Vorfeld rechtskundig im Einzelfall geprŸft werden. Durch diese allgemeine Information Ÿbernimmt der Autor keinerlei Haftung fŸr die Rechtswirkung im Einzelfall. © RA Dr. Bernd Fabritius 1/18